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Presse #Diversity

Zum Tag der Gebärdensprachen: "Wir wollen gehört werden"

IMC FH Krems unterstützt gehörlose Menschen

Der „Internationale Tag der Gebärdensprachen“ wird weltweit am 23. September gefeiert. Er soll auch auf die österreichweit 450.000 Menschen, die aufgrund einer Hörbehinderung in der Kommunikation mit anderen beeinträchtigt und die davon 8.000 – 10.000 gehörlosen Menschen, aufmerksam machen und für Gebärdensprachen werben.

Gebärdensprache_Bamberger_Katzmayr

Zum internationalen Tag der Gebärdensprachen: Dolmetscherin Mag. (FH) Ines Bamberger mit DI (FH) Florian Katzmayr.

 Die IMC FH Krems hat sich zum Ziel gesetzt, sowohl Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch Studierende mit Beeinträchtigungen so zu unterstützen, dass ihnen ein annähernd normaler Arbeits-bzw. Studienalltag ermöglicht wird. 

Charta der Vielfalt 

Die IMC FH Krems hat bereits 2013 die „Charta der Vielfalt“, dabei handelt es sich um die freiwillige Verpflichtung, sich zur Wertschätzung gegenüber allen Mitgliedern der Gesellschaft zu bekennen, unterschrieben und unterstützt ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit besonderen Bedürfnissen in vielen Belangen, beispielsweise durch Gebärdendolmetscher oder räumliche Anpassungen, um Ihnen den Arbeitsalltag zu erleichtern. Zusätzlich wird alles dafür getan, um Diversität sichtbar und lebbar zu machen.

DI (FH) Florian Katzmayr  ist einer von diesen Mitarbeitern der IMC FH Krems, er ist im Bereich Softwareentwicklung/ IT Services tätig und für ihn ist der heutige Internationale Tag der Gebärdensprache besonders wichtig, denn er ist gehörlos. Seine Kommunikation stützt sich also hauptsächlich auf das Gebärden, das Ablesen von Mundbildern und die schriftliche Kommunikation. Während der Corona-Pandemie fiel mit dem Tragen der Masken ein wichtiger Faktor, nämlich das Erkennen der Mundbilder bei Personen, die nicht Gebärden können und verbal mit ihm kommunizieren, weg. Trotz Unterstützung ergaben sich für Katzmayr dabei Hürden im Arbeits- und Lebensalltag und es wurde deutlich, dass es im Bereich der Verständigung mit Gehörlosen noch viel Aufholbedarf gibt. 

Pandemie schafft zusätzliche Barrieren

Gerade in Zeiten der Pandemie ist es für gehörlose Menschen, die sehr stark auf das Erkennen des Mundbilds – umgangssprachlich auch Lippenlesen – angewiesen sind, besonders schwer zu kommunizieren. Auch für Florian Katzmayr hat sich die Situation am Arbeitsplatz während der Corona-Zeit erschwert. „Wir durften an Besprechungen nie persönlich teilnehmen. Ich habe hier die Möglichkeit die Chatfunktion zu nutzen, dennoch bekam ich die Antwort durch den Chat sehr verkürzt“, schildert er die Problematik. Normalerweise wird er bei Besprechungen von der Gebärdendolmetscherin Mag. (FH) Ines Bamberger, selbst IMC FH Krems Absolventin und Geschäftsführerin des Gebärdenverbandes Niederösterreich, begleitet. Diese steht ihm zwar auch jetzt per Video zu Verfügung, was aber manchmal durch die nicht ausreichende Internetgeschwindigkeit bzw. die nicht optimale Videoübertragung nicht zufriedenstellend ist. 

Aber Katzmayr betont: „Zum Glück arbeite ich viel selbstständig. Meine Aufgabe ist es, die Software zu entwickeln. Um zu entwickeln braucht man eine schriftlich ausführliche Anforderung. Meine Kolleginnen und Kollegen sind freundlicherweise bestens vorbereitet, sich meiner Gehörlosigkeit anzupassen und sie versuchen bestmöglich mit mir zu kommunizieren, um mich zu verstehen und sich verständlich zu machen.“

Alltägliches wird zur Herausforderung

„Beim Einkaufen muss ich natürlich weiterhin die Maskenpflicht einhalten, aber die Kommunikation ist stark beeinträchtigt, weil das Mundbild nicht lesbar ist. Zum Glück erlaubt uns in Österreich die Ausnahme für die Gehörlosen die Masken runterzunehmen, wenn es um die Kommunikation geht. Aber manchmal wollen die Menschen aus Angst die Masken nicht runternehmen“, erzählt Florian Katzmayr.

Zudem werde er an der Kassa oft gefragt, ob er eine Ermäßigung oder eine Kundenvorteil in Anspruch nehmen will, jedoch bekommt er das dann meistens nicht mit, weil die Kassiererin oder der Kassierer eine Maske trägt und ihm so der Hinweis darauf, dass er angesprochen wurde, fehlt.

Schwierig sei momentan zum Beispiel auch ein Arztbesuch. Vor der Pandemie konnte Katzmayr ohne Anmeldung zum Arzt, jetzt muss immer vorher telefonisch ein Termin vereinbart werden. „So muss ich meine Mutter bzw. Schwiegermutter bitten per Telefonie einen Terminvereinbarung zu machen“, schildert der Softwareentwickler.

Auch die Frau und die beiden Kinder von Florian Katzmayr sind gehörlos. Zuhause wird sich mittels Gebärdensprache unterhalten, aber natürlich sind auch die Familienmitglieder von der Pandemie-Situation betroffen, vor allem das Homeschooling war für die beiden Kinder nicht leicht.

IMC Alumna als Dolmetscherin

Mag. (FH) Ines Bamberger hat an der IMC FH Unternehmensführung und E- Business Management studiert und kam dann privat mit der Gehörlosengemeinschaft Niederösterreich in Kontakt und so ergab sich, ihr weiterer Berufsweg. „Angefangen hat es damit, dass ich einen Gebärdensprachkurs beim Gehörlosenverband gemacht habe. Eines ergab das andere und durch Zufall bekam ich eine Anstellung im Gehörlosenverband Niederösterreich als Karenzvertretung“, erzählt die Mautnerin. Im Jahr 2007 fing sie ihre Ausbildung zur Gebärdensprachdolmetscherin an, die sie 2008 beendete, 2009 bestand sie dann die Prüfung zur gerichtlich beeideten Dolmetscherin für Gebärdensprache. Heute ist sie immer noch hauptberuflich im Gehörlosenverband tätig, den sie mittlerweile auch als Geschäftsführerin leitet. 

Internationaler Tag der Gebärdensprachen

Der Internationale Tag der Gebärdensprachen wurde 1951 vom Weltverband der Gehörlosen ins Leben gerufen. „Es ist wichtig, dass dieser Tag eine Bezeichnung hat, damit er weltweit eine Auswirkung hat. Die gehörlosen Menschen fühlen sich im Alltagsleben immer noch benachteiligt. Derzeit stehen immer noch zu wenige Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher für die gehörlosen Menschen in Österreich zur Verfügung“, plädiert Katzmayr für mehr Sichtbarkeit der Gehörlosen.

Das bestätigt auch Bamberger: „Anders als in anderen Ländern Europas hat in Österreich das Gebärdensprachdolmetschen immer noch einen schlechten Stellenwert. Wird zum Beispiel bei der Polizei oder Gericht ein Dolmetscher oder eine Dolmetscherin benötigt erfolgt eine Bereitstellung, sofern die Aussage einer gehörlosen Person dringend erforderlich ist. Anders ist es, wenn eine gehörlose Person selbst außerhalb der Gehörlosengesellschaft Informationen erhalten möchte. Gemeint sind hier Kurse, Vorträge oder Museumsführungen.“ So sei laut der Dolmetschexpertin die Teilhabe am „normalen Leben“ für Gehörlose nicht möglich und werde zum „persönlichen Luxux“.

Ein mögliche Auswirkung davon sei laut Florian Katzmayr , dass dadurch sehr wenige Gehörlose ihre Ziele – ob in der Ausbildung oder im Beruf – erreichen, da in der höheren Ausbildung die Sprachunterstützung fehlt. 

„Heuer wurde aber die Ausbildungen für das Gebärdensprachdolmetschen österreichweit ausgeweitet und es werden sogar Studiengänge angeboten“, zeigt er sich hoffnungsvoll. „Ich würde mir für die Zukunft wünschen, dass alle Medien, die auditiv sind, auch virtuell erfahrbar werden, sodass auch die gehörlosen Menschen dazu Zugang bekommen. Noch einfacher gesagt, wünsche ich mir: „Alles, was gesprochen wurde, soll auch virtuell angezeigt werden“, so Florian Katzmayr über seine Wünsche für die Zukunft.