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Qualität und Kosten von Langzeitpflege im Forschungsfokus

#youngscientists: Barbara Gösenbauer, wissenschaftliche Mitarbeiterin und PhD-Studentin

Barbara Gösenbauer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut für Gesundheitsmanagement an der IMC Fachhochschule Krems. In ihrem Forschungsprojekt beschäftigt sie sich mit den Kosten und der Qualität von informeller Langzeitpflege aus einer breiten sozioökonomischen Perspektive. Im Interview spricht sie über ihre Motive, die Fokusthemen sowie gesundheitliche, ökonomische und soziale Outcomes.
 

#youngscientists: Barbara Gösenbauer, wissenschaftliche Mitarbeiterin und PhD-Studentin. In ihrem Forschungsprojekt beschäftigt sie sich mit den Kosten und der Qualität von informeller Langzeitpflege aus einer breiten sozioökonomischen Perspektive.

In Österreich werden in etwa in jeder vierten Familie Angehörige oder nahestehende Personen aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis gepflegt. Betrifft dich dieses Thema auch persönlich, in deinem Umfeld? 

In meinem Forschungsprojekt beschäftige ich mich mit informeller Pflege, diese umfasst Leistungen aus dem sozialen Umfeld der pflegenden Person und schließt Angehörige, Nachbarn und andere mit ein. Das Thema ist mir ein besonderes Anliegen. Aus meinem privaten Umfeld kenne ich die Situation pflegender Angehöriger, die Herausforderungen des Alltags, aber auch den Druck, der auf ihnen lastet. Umso wichtiger ist es mir, in diesem Bereich zu forschen. 

Woran forschst du in deinem Projekt konkret? 

Ich analysiere die Qualität und Kosten von informeller Langzeitpflege aus einer gesellschaftlichen Perspektive. Es geht vor allem darum, indirekte Konsequenzen, die durch informelle Pflege entstehen, messbar zu machen und verschiedene Pflege-Arrangements zu vergleichen. Professionelle Pflege ist nicht immer billig, informelle (Angehörigen ) Pflege kann aber auch hohe Kosten verursachen – wenn auch nicht unbedingt im monetären Sinn. So stecken pflegende Angehörige privat oft zurück oder Pflegende fühlen sich als Last ihrem sozialen Netzwerk gegenüber. Auch solche Dinge sind neben physischen gesundheitlichen Aspekten Teil eines „Pflege-Outcomes“. So etwas in politische Entscheidungen einzubinden, ist schwierig, weil man es schwer messen bzw. quantifizieren kann. Genau hier setzt das Projekt an. 

Welche Motivation oder welches Ziel verfolgst du damit genau?

Es ist mir wichtig, Präferenzen und Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten, informell Pflegenden und Verwandten herauszuarbeiten und zu Pflege-Outcomes in Beziehung zu setzen. Dahinter liegt das große Ziel, Pflegearrangements einerseits effektiver, andererseits auch zufriedenstellender für alle Beteiligten gestalten zu können – also eine pflegepolitische Motivation. Immerhin ist das ein Thema, das in den nächsten Jahren noch an Relevanz und Raum gewinnen wird. 

Wie kann man sich deine Forschungsarbeit vorstellen? 

Am Anfang steht eine systematische Übersichtsarbeit, die bisherige Kosten- und Qualitätsindikatoren sammelt und evaluiert. Darauf aufbauend geht es ins Feld, bevor die Ergebnisse in einem experimentellen Setting geprüft werden. Dabei stehen neben gesundheitlichen und ökonomischen Outcomes vor allem soziale Aspekte im Vordergrund: Was ist informell Pflegenden und Patientinnen und Patienten wichtig bzw. wo werden Einbußen in Kauf genommen? Wie schlagen sich soziale Ressourcen in der Pflegebeziehung nieder? Und wie kann man diese Zusammenhänge ökonomisch sichtbar machen?

Was macht dieses Projekt einzigartig? 

Die weitreichende sozioökonomische und gesellschaftliche Perspektive: „Kosten“ werden nicht bloß monetär, sondern zum Beispiel auch als Verlust von Lebensqualität oder Änderungen im sozialen Netzwerk verstanden. Auch Qualitätsindikatoren können unterschiedlich bewertet werden: So mag es Angehörigen wichtiger sein, dass Patientinnen und Patienten die bestmögliche medizinische Versorgung erhalten. Letztere legen möglicherweise mehr Wert darauf, zu Hause gepflegt zu werden.

Dein Forschungsprojekt wird im Rahmen des Dissertations-Calls der Gesellschaft für Forschungsförderung NÖ (GFF) unterstützt. Wie entstand die Projektidee? 

Die Projektidee hatte ursprünglich mein Kollege Alexander Braun. Als Gesundheitsökonom und Professor im Institut Gesundheitsmanagement beschäftigt er sich mit diesen Fragestellungen. Gemeinsam haben wir das Projekt beim Dissertations-Call der GFF eingereicht und den Zuschlag bekommen. Es ist für mich eine perfekte Kombination der Forschungsarbeit an der IMC Fachhochschule Krems mit meinem Doktoratsstudium an der WU Wien. Ich habe nun die Möglichkeit, selbst ein großes Projekt in einem tollen Team in Angriff zu nehmen. 

Was motiviert dich besonders an deiner Forschungsarbeit? 

Die große Relevanz für die Zukunft einerseits. Ich beforsche etwas, das uns höchstwahrscheinlich alle einmal in irgendeiner Weise betrifft, aber schwer zu fassen ist. Gleichzeitig ist das wissenschaftliche Gebiet noch sehr neu und klein, es gibt also noch viel zu entdecken.

Was denkst du persönlich, was Frauen in der Wissenschaft brauchen?

Ich glaube, besonders wichtig ist eine Möglichkeit, sich mit anderen zu vernetzen und „gemeinsam zu denken“, sowie ein positives Arbeitsklima – nicht nur für Frauen. An der IMC FH Krems fühle ich mich diesbezüglich sehr wohl. Generell habe ich den Eindruck, dass in meinem wissenschaftlichen Bereich ein recht offener und angenehmer Umgang herrscht. 

Was findest du spannend an der Forschungsarbeit?

Unterschiedliche und neue Perspektiven kennenzulernen und sie dann in einen größeren Kontext zu setzen, um daraus Schlüsse für weitere Schritte zu ziehen. Ich finde es toll, etwas zu machen, das unserer Gesellschaft dient. 
Dieses Projekt finde ich auch methodisch sehr spannend – ich werde unter anderem einen systematischen Review, eine qualitative Erhebung mittels Interviews und ein Discrete-Choice-Experiment durchführen. So kann ich die informellen Pflegesituationen von ganz verschiedenen Ansatzpunkten erforschen. 

Über Barbara Gösenbauer 

Barbara Gösenbauer, MSc (WU) (27) hat nach einem Bachelor-Studium der Soziologie den Master in Sozioökonomie an der WU Wien absolviert, wo sie nun ihr Doktorat macht. Nach Stellen an der Universität Wien, der Wirtschaftsuniversität Wien, der Karl Landsteiner Privatuniversität und dem Institut für Höhere Studien ist sie an der IMC FH Krems als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Gesundheitsmanagement auch in der Lehre tätig.