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ScienceTalk: Sustainable Careers als Lösung der Care Crisis?

Im Rahmen eines Science Talks an der IMC FH Krems diskutierten Dr. Alexander Braun vom Institut für Gesundheitsmanagement und Emma Dowling, Institut für Soziologie der Universität Wien, anhand von Beispielen aus England, wie der heimische Pflegenotstand mithilfe verbesserter Karrierechancen gelöst werden könnte.
 

Das Forschungsteam der IMC FH Krems Manfred Pferzinger, Adelheid Schönthaler, Markus Latzke und Alexander Braun mit Emma Dowling (2. von rechts).

Das Thema Pflegenotstand und die Krise der Sorgearbeit sind seit Beginn der Covid-19-Krise wieder in den Fokus der gesellschaftlichen Debatte gerückt. Rund 16 % der Pflegepersonen in der Langzeitpflege überlegen laut einer repräsentativen Umfrage des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, aus dem Pflegebereich auszusteigen. Auch geben mehr als 74 % der Beschäftigten im Pflegebereich an, dass sich die Arbeitssituation deutlich verschlechtert habe. Darüber hinaus klagen Führungskräfte, dass zur angespannten Personalsituation auch ein Bewerberinnen- und Bewerbermangel kommt, der sich durch die Covid-19-Krise noch verschlimmert hat. All diese Befunde zeigen, dass Pflege- und Sorgearbeit immer prekärer werden und sich hier viele Problemfelder kumulieren. Grund genug, das Thema Pflegenotstand auch wissenschaftlich zu bearbeiten und den Pflegenden eine Stimme zu geben. Deswegen lud Dr. Alexander Braun, Professor für Gesundheitsökonomie und -politik am Institut für Gesundheitsmanagement der IMC FH Krems, die Soziologin und politische Ökonomin Ass.-Prof. Dr. habil. Emma Dowling, Institut für Soziologie der Universität Wien, auf einen Science Talk der besonderen Art an die IMC FH Krems ein. 

Abwertung und Wende in England

Die Autorin des Buches „The Care Crisis. What Caused It and How Can We End It?” stellte zentrale Erkenntnisse ihrer langjährigen Arbeit zum Verhältnis des Wohlfahrtstaates in England und der Pflegetätigkeit vor. Vor mehr als 20 interessierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Expertinnen und Experten des Pflegesektors zeigte sie auf, wie die Pflege- und Sorgearbeit in austeritären Wohlfahrstaaten finanziert und im Zuge paternaler Verklärungen zunehmend marginalisiert werden. Aus der Perspektive feministischer und kritisch-politischer Ökonomie zeigte Emma Dowling, wie die Abläufe auf verschiedenen Ebenen der Wohlfahrtsstaatlichkeit ablaufen und Pflegetätigkeit systematisch abgewertet wird. Mechanismen, die diese Abwertung und die Verlagerung hin zu Profitabilität zeigen, nennt Emma Dowling „Care Fixes“, was mit „Pflegekorrektur“ übersetzt werden könnte. 

Vergleichbare Lage in Österreich

In einer lebhaften Diskussion zeigte sich, dass sich ähnliche Ansätze auch im österreichischen Pflegevorsorgesystem identifizieren lassen und viele Pflegetätigkeiten am Rande der Gesellschaft und häufig unsichtbar stattfinden. Emma Dowlings Konzept der Care Fixes wurde hierbei aufgegriffen und auf die österreichische Pflege umgelegt. Ein Beispiel eines klassischen Care Fixes, das Emma Dowling aufzeigte, ist jenes der fremdfinanzierten Übernahme (leverage buyout). Diese Finanzierungsstruktur funktioniert durch die Aufnahme eines Kredits für die Instandhaltung von Pflegeheimen durch private Investoren mit klarer Renditeerwartung. Emma Dowling dazu: „Es ist schon fraglich, wie gerade in Langzeitpflegeeinrichtungen Profit erwirtschaftet werden soll, wenn wir gleichzeitig wissen, dass die Produktivität kaum gesteigert werden kann. In Seniorenresidenzen für Wohlhabende, in denen für horrende Preise Leistungen angeboten werden, können diese Renditeerwartungen erfüllt werden. Aber grundsätzlich zeigen die Daten, dass sich Einrichtungen für die restliche Bevölkerung nicht rentieren können und insolvent werden.“ 

Nach einer kurzen Einführung des Institutsvorstandes und stellvertretenden Kollegiumsleiters Prof.(FH) Mag.(FH) Dr. Manfred Pferzinger vom Institut für Gesundheitsmanagement wurden auch erste Ergebnisse des aktuell laufenden Projekts „LINK – Langzeitpflege: Implikationen für nachhaltige Karrieren“ vorgestellt. Das Projekt, das vom Projektfond Arbeit 4.0 der Arbeiterkammer Niederösterreich finanziert wird, befindet sich gerade im Abschluss der ersten Projektphase, in der 25 Pflegepersonen aus der Langzeitpflege mithilfe qualitativer Interviews befragt und zu den Herausforderungen in ihrem Arbeitsumfeld interviewt wurden. Ein Kernergebnis beschrieb Dr. Alexander Braun in seinem Vortrag: „Es ist auffallend, dass viele Tätigkeiten in der Pflege im Allgemeinen, aber in der Langzeitpflege im Speziellen, erst dann auffallen, wenn sie nicht funktionieren. Das zeigte sich gerade in der Covid-19-Krise. Nichtsdestotrotz wird hierauf kaum reagiert. Im Gegenteil, viele Probleme verschärfen sich, da Pflegekräfte zusätzliche Herausforderungen erleben, die jedoch häufig heruntergespielt werden, da Pflegekräften grundsätzlich eine enorme Belastungsfähigkeit zugeschrieben und abverlangt wird.“ 
 

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