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Story #Forschung#Musiktherapie

Musik für bedeutsame Momente in der Medizin

#youngscientists: Astrid Heine, wissenschaftliche Mitarbeiterin, im Interview

Astrid Heine ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Josef Ressel Zentrum an der IMC FH Krems. Im Right Moment Projekt untersucht sie mit ihren Kolleginnen und Kollegen Interaktions- und Synchronisationsprozesse während bedeutsamer Momente zwischen Therapeutinnen und Therapeuten einerseits und Patientinnen und Patienten andererseits. Im Interview spricht sie über ihre Leidenschaft für Musiktherapie, emotionale Erfahrungen mit Patientinnen und Patienten und ihr PhD-Studium in Cambridge.

#youngscientists: Astrid Heine, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Josef Ressel Zentrum an der IMC FH Krems spricht im Interview über ihre Leidenschaft für Musiktherapie, emotionale Erfahrungen mit Patientinnen und Patienten und ihr PhD-Studium in Cambridge.

Josef Ressel Zentrum – Forschungsinstitut für personalisierte Musiktherapie

Das Josef Ressel Zentrum (JRZ) an der IMC Fachhochschule Krems widmet sich der Schaffung evidenzbasierter wissenschaftlicher Grundlagen für eine personalisierte Musiktherapie in ausgewählten Feldern der neurologischen Rehabilitation. Im Forschungsinstitut wird an drei Projekten gearbeitet: Ein Projekt widmet sich der Therapiebereitschaft von Patientinnen und Patienten mit dem Ziel der personalisierten Optimierung von Therapieplänen. Ein weiteres Projekt stellt die Frage nach endokrinologischen Markern für Empathie und der Schulbarkeit von Empathie für Gesundheitsberufe. Im Right Moment Projekt, in dem Astrid Heine arbeitet und forscht, wird der Zusammenhang zwischen bedeutsamen Momenten – Moments of Interest (MOI) – und der Interaktion zwischen Therapeutinnen und Therapeuten und Patientinnen und Patienten untersucht.

Was macht das Right Moment Projekt im Josef Ressel Zentrum einzigartig?

Die Verwendung von Hyperscanning-EEG in der realen klinischen Praxis ist bisher einzigartig. Neurowissenschaftliche Forschung findet üblicherweise in standardisiert-kontrolliertem Laborsetting statt – Musiktherapie zu standardisierten und zu kontrollieren ist jedoch unmöglich. Um Forschungsergebnisse in der Praxis nutzen zu können, muss die Forschung daher das reale Therapiesetting erfassen und abbilden. Dafür braucht es neue Zugänge und Forschungsmethoden, die wir im JRZ schaffen möchten. 

Wie kann man diesen „Right Moment“ beschreiben?

Wir gehen davon aus, dass sich die Wirkung der Musiktherapie in diesen bedeutsamen Momenten entfaltet und zu Veränderungen in den Patientinnen und Patienten führt. Ich beschreibe dies gern als „Aha-Momente“, in denen es „Klick“ macht oder die Patientin bzw. der Patient merkt „Jetzt tut sich etwas!“. Auch Studien weisen darauf hin, dass Veränderungen und Wirkung in solch bedeutsamen Momenten entstehen. 

Wie kann man sich deine Forschungsarbeit hierbei vorstellen? 

Wir verwenden dafür mobile Hyperscanning-EEGs, die synchron die Hirnaktivität der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufzeichnen. Zudem werden die Therapieeinheiten synchron zum EEG auf Video aufgezeichnet. Nach der Therapie bitten wir Patientinnen und Patienten sowie Therapeutinnen und Therapeuten, besonders interessante Momente auszuwählen und befragen sie zu ihrem Erleben. Die ausgewählten Momente untersuchen wir in der Videoanalyse auf spezifische Elemente in der Interaktion und Kommunikation und auf neuronale Muster im EEG. Anhand der qualitativen und neurophysiologischen Ergebnisse erhoffen wir uns einen genaueren Einblick in die (Wirk-) Prozesse der Musiktherapie. 

Wie können die Ergebnisse des Projekts Patientinnen und Patienten helfen?

Immer mehr Studien belegen, dass Musiktherapie wirkt – wir wissen aber wenig über das Wie. Wir erhoffen uns, dass wir durch den wissenschaftlichen Einblick besser verstehen, was in diesen Momenten wichtig ist und wie wir als Musiktherapeutinnen und Musiktherapeuten noch besser auf unsere Patientinnen und Patienten eingehen können. Durch unsere Forschung soll die Musiktherapie auf eine breitere wissenschaftliche Basis gestellt und ihre Qualität in der praktischen Anwendung weiter verbessert werden. Da die Forschung die reale klinische Praxis abbildet, haben die Ergebnisse tatsächlich auch hohen Wert für die musiktherapeutische Praxis und kommen somit den Patientinnen und Patienten zugute. 

Wie entstand die Idee für dein PhD-Studium in Cambridge?

Für mich war seit der Bachelor-Arbeit klar, dass ich in die Forschung möchte und somit auch, dass ich mir die Kompetenz für eigenverantwortliches Forschen in einem Doktoratsstudium aneignen möchte. Durch die enge Zusammenarbeit im Right Moment Projekt mit zwei Kollegen vom Cambridge Institute of Music Therapy Research (CIMTR) der Anglia Ruskin University eröffnete sich mir die Möglichkeit, dort meinen PhD zu machen. 

Worum geht es in deiner Dissertation konkret und wie forscht du?

Die Fragestellungen für meinen PhD sind im Right Moment Projekt integriert. Mein Ziel ist es, ein Profil der Moments of Interest zu erstellen und ihre Elemente und Qualia zu beschreiben. Dafür analysiere ich einerseits die Interviews der Therapeutinnen, Therapeuten, Patientinnen und Patienten bezüglich ihrer Inhalte und der individuellen Bedeutung der gewählten Momente und andererseits die Videosequenzen der gewählten MOIs auf Muster in der Kommunikation, Interaktion und Synchronisation. Die Ergebnisse meiner qualitativen Analyse möchte ich im letzten Schritt in Bezug auf die neurophysiologischen Ergebnisse der EEG-Messungen diskutieren.

Kannst du uns ein besonders berührendes Erlebnis im Rahmen deiner Arbeit als Musiktherapeutin nennen?

Ich habe in meiner praktischen Arbeit mehrfach erlebt, wie Patientinnen und Patienten, die aufgrund von Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma oder anderen neurologischen Erkrankungen nicht sprechen konnten, im vertrauensvollen, stressfreien und ressourcenfördernden Setting der Musiktherapie ihre ersten Worte – oft auch singend – von sich gegeben haben. Die Freude in den Augen dieser Menschen hat mich jedes Mal tief berührt. 

Was findest du spannend an der Forschungsarbeit? 

Für mich war die persönliche Wirkung von Musik in Verbindung mit einer zwischenmenschlichen Begegnung immer schon deutlich spürbar und klar. Ich bin ein neugieriger Mensch und möchte genau wissen, warum und wieso das so ist und wo die Grenzen liegen. Außerdem bin ich überzeugt, dass das Potenzial der Musiktherapie derzeit von Entscheidungsträgern noch nicht erkannt wird und hoffe, dass wir durch qualitativ hochwertige Forschung die Akzeptanz und Ausbreitung der Musiktherapie unterstützen können. 

Wie wirkt Musik auf dich persönlich? 

Musik wirkt vielseitig, individuell und ganz situationsabhängig. Musik bringt zum Lachen, Singen, Tanzen, erweckt Freude, aber auch Traurigkeit oder gar Aggression. Sie ist bunt und vielseitig wie das Leben. Richtig eingesetzt ist sie idealer Ausgleich, authentischer emotionaler Ausdruck, bester Motivator, Initiator für Selbstregulation und trägt dadurch zur persönlichen biopsychosozialen Gesundheit bei. 

Über Astrid Heine

Astrid Heine, BSc, MSc hat den Bachelor- und Master-Studiengang für Musiktherapie an der IMC Fachhochschule Krems absolviert und arbeitet nun am Josef Ressel Zentrum zur Grundlegung einer personalisierten Musiktherapie als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Sie absolviert derzeit ein PhD-Studium an der Anglia Ruskin University in Cambridge (UK). Für ihre Master-Arbeit wurde sie 2015 mit dem Würdigungspreis des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft ausgezeichnet. Sie ist mit einem Musiktherapeuten verheiratet, den sie im Studium in Krems kennengelernt hat und hat zwei Kinder. 
 

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